Werden die möglichen CO2 Einsparpotenziale durch eine Wärmedämmung unterschätzt? Der Fokus der Politik liegt klar auf Heizung und Energieversorgung. Eine Studie zeigt nun, wie schnell sich Dämmmaßnahmen energetisch amortisieren. Die zur Herstellung von Dämmstoffen benötigte Energie kann bereits nach kurzer Zeit durch die eingesparte Heizenergie kompensiert werden. Die Einspareffekte jedoch halten über 40 Jahre und länger an. Schauen wir uns die Studie einmal näher an.
Ökobilanz von Dämmstoffen – Stand heute
Mit der Aufgabenstellung einer „Ganzheitlichen Bewertung von verschiedenen Dämmstoffalternativen“ machten sich das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) zusammen mit dem Verein Natureplus an die Arbeit. Die Ergebnisse der Studie zeigen schwarz auf weiß: Gedämmte Häuser vermindern den CO₂-Fußabdruck von Häusern enorm.
Als wichtige Kenngröße für die Auswirkungen aufs Klima wurde berücksichtigt, wie gut die Ökobilanz der verschiedenen Dämmstoffe ist. Die Ökobilanz betrachtet Umweltwirkungen, Rohstoffeinsätze und Emissionen für den gesamten Lebensweg verschiedener Dämmstoffe – von den Ausgangsstoffen zur Produktion bis hin zur Entsorgung. Zur Herstellung von Dämmstoffen wird Energie benötigt. Industriell hergestellte mineralische Stoffe wie Glas- und Steinwolle sowie Dämmmaterialien aus Kunststoffen, wie expandiertes Polystyrol (EPS, auch als Styropor bekannt), oder Extruderschaum auch XPS genannt, machen als konventionelle Dämmmaterialien rund 90% des Marktes aus. Auch die Produktion und Weiterverarbeitung von nachwachsenden Dämmstoffen wie Hanf, Flachs oder Holzfasern erfordert Energie. Da hier die Natur quasi einen Teil der Produktion übernimmt, ist der Energieaufwand in vielen Fällen etwas geringer, dafür ist aber auch die Haltbarkeit kürzer und es wird ein höherer Materialeinsatz benötigt. Naturgemäß hält auch eine Holzfaserdämmplatte nicht so lange, wie zum Bsp. eine Bodenplatte aus Extruderschaum, die ein hauslebenlang unverändert das Haus gegen Feuchtigkeit schützt
Die Zahlen der Studie zeigen eindeutig, dass die Ökobilanz auch bei den konventionellen Dämmstoffen sehr gut ist, obwohl diese deshalb wiederholt in der Kritik stehen.
Die Experten der Studie kommen zum Schluss, dass unabhängig vom gewählten Dämmstoff immer gilt: Über die gesamte Lebensdauer betrachtet vermeiden alle Dämmstoffe für Fassade, Kellerdecke und Dach und besonders im Erdbereich erheblich mehr Energie und Treibhausgase, als ihre Herstellung erfordert.
Für die Dämmung eines sanierten Altbaus heißt das:
Im Schnitt vergeht gerade mal gut ein Jahr, bis sich die Dämmung energetisch amortisiert hat. Das bedeutet konkret: Damit hat die Dämmung bereits in kürzester Zeit die Energie eingespart, die für ihre Produktion benötigt wurde. Als Grundlage für die Berechnung diente ein Beispielhaus, das den staatlich geförderten Effizienzhaus-Standard 55 erfüllt. Die Lebensdauer einer Dämmung wird mit 40 Jahren und mehr angenommen werden – Zeit, in der die intakte Dämmung Jahr für Jahr weiter Heizenergie einspart.
Bei einem Neubau ist die energetische Amortisation noch wesentlich schneller. Denn in der Regel amortisieren sich „Graue Energie“ und „Graue Emissionen“ innerhalb weniger Monate. Somit lässt sich ableiten, dass die Graue Energie der Dämmung bei den Modernisierungsmaßnahmen und der Ökobilanz des Gebäudes vernachlässigbar gering ist. Das gilt umso mehr, berücksichtigt man die Lebensdauer der Materialien. Eine Bodenplatte baut man nicht mehr aus.
Ökobilanz von Dämmstoffen – die Zukunft
Die Verfasser der Studie gehen davon aus, dass die Rechnung auch in Zukunft aufgehen wird und sich die Einspareffekte sogar weiter verstärken werden. Etwa durch den Ausbau von Erneuerbaren Energien für eine umweltfreundliche Energieversorgung. Die daraus resultierende CO2-Einsparung wird sich zukünftig positiv auf die Ökobilanz von Bauprodukten wie Dämmstoffen auswirken. Dank Erneuerbaren und energiesparender Produktionsanlagen werden in der Produktion weniger Graue Energie und Graue Emissionen anfallen.
In einem weiteren Ansatz, um die gesamte Ökobilanz zu verbessern, arbeiten Forschung und Industrie an verbesserten Rückbau-, Verwertungs- und Recyclingmethoden. So könnten verursachte CO2-Emissionen für konventionelle und auch für nachwachsende Dämmstoffe weiter reduziert werden. Dazu ist ein möglichst stoffliches Recycling erforderlich und der Einstieg in eine Kreislaufwirtschaft nicht nur für Polystyrol und Co. Sinnvoll wäre das auch für Naturdämmstoffe wie Jute oder Hanf. Aktuell werden diese, wie viele andere Dämmstoffe auch, ebenfalls in Müllverbrennungsanlagen zur Energiegewinnung verbrannt.
Wärmedämmung lohnt sich
Die energetische Modernisierung der Gebäudehülle ist nicht nur für die Politik ein wichtiger Hebel, um die notwendigen Klimaschutzziele im Gebäudebestand zu erreichen: Hauseigentümer reduzieren die Wärmeverluste ihres Hauses effizient und senken damit Energieverbrauch, Energiekosten und CO2-Emissionen – und das langfristig für die gesamte Nutzungsdauer.
Frank Hettler von „Zukunft Altbau“, einem vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderten Informationsprogramm ist sich sicher: „Eine schlecht gedämmte Gebäudehülle gehört zu den größten ökologischen Versäumnissen, die Hauseigentümern unterlaufen können“. Selbst teurere, ambitioniertere Dämmstandards – besser als gesetzlich gefordert – lohnen sich für Hauseigentümer und für das Klima gleichermaßen.