Die BEG-Mogelpackung

Auf die in 2021 als große Neuerung angekündigte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) folgt nun erst mal die ebenso große Ernüchterung. Der aktuelle Förderstopp deckt nur auf, was schon lange schief läuft. Großer Aufwand für Bauherren und alle am Bau Beteiligten, kaum Nutzen für den Klimaschutz. Förderstandards deren Gültigkeit nicht mal die Planungs- und Genehmigungsphase von Bau- und Sanierungsvorhaben haben, bremsen auch noch die Letzten aus, die in den Traum der eigenen vier Wänden investieren, selbstverständlich zeitgemäß, energieeffizient und umweltbewusst. Wie lange können wir es uns leisten, der Energiewende hinterherzulaufen? Vordergründig neue Heizungen und stromgebundene Technik zu fördern und die Energieeffizienz, die Einsparmöglichkeiten und die Nachhaltigkeit der Gebäude zu vernachlässigen?

Förderung für energieeffiziente Gebäude in der Sackgasse

Zunächst im Januar 2021 mit den Zuschüssen für Einzelmaßnahmen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestartet, zog die KfW-Förderbank mit der BEG-Effizienzhausförderung erst im Juni 2021 hinterher. Das Versprechen lautete: die Förderung soll bis 2030 als verlässliches Instrument bereitstehen und regelmäßig nachgestellt werden. Doch bereits im November – nur fünf Monate nachdem eine Effizienzhausförderung überhaupt beantragt werden konnte – folgt die Ankündigung: Förder-Aus für das KfW-Effizienzhaus 55 im Neubau ab Ende Januar 2022.

Antragsflut. Eskalation. Förderstopp – auch für die Sanierungsförderung. Was für die neue Regierung als Fördergeber aus Verwaltungssicht und auch unter haushaltstechnischen Gesichtspunkten als notwendig und unvermeidbar erscheint, trifft allerdings genau die Falschen: Private Bauherren, die im Glauben an die Umweltpolitik zum Klimaschutz beitragen wollen und für die Investition in ein zukunftsträchtiges Eigenheim Kredite aufnehmen. Ein fehlender KfW-Kredit von bis zu 150.000 Euro je Wohneinheit lässt nicht nur die Baufinanzierung platzen. Alles vor dem Hintergrund immens steigender Baupreise, entsprechend hoher Grundstückspreise und steigender Energiekosten.
Investoren und Wohnungswirtschaft, die in Zeiten von Wohnungsknappheit neuen und zeitgemäßen Wohnraum bereitstellen wollen, können von langer Hand geplante Vorhaben zusammenstreichen oder auf Eis legen. Planer, Architekten und Energieeffizienz-Experten müssen seriöse Beratungsleistung und Kundenwüsche mit gesetzlichen Energie- und Förderstandards unter einen Hut bringen, deren Gültigkeit nicht mal die Planungs- und Genehmigungsphase überlebt.

An der Ausgangssituation hat sich nichts geändert

Die erforderlichen Schritte, Neubauten und Gebäudebestand Klimawandel-tauglich zu gestalten, sind schon lange bekannt. Und das es nicht von selbst geschieht, sicherlich auch. Nur durch den Umstieg auf Erneuerbare Energien bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung, die den Energieverbrauch von Beginn an mindert, kann das Ziel zum klimaneutralen Gebäudebestand ernsthaft verfolgt werden. Gebäude, die jetzt neu gebaut oder saniert werden und den Anforderungen von vornherein nicht gerecht werden, sind eine unnütz vertane Chance, die wir uns nicht mehr leisten können. Nur durch zusätzliche Anstrengungen können mehr und hochwertigeren Maßnahmen umgesetzt werden. Das erfordert klare politische Rahmenbedingungen und eine zielgerichtete Förderpolitik.

Förderung im Ungleichgewicht

Schon 2019 hat die Fachvereinigung Extruderschaum e.V. (FPX) sich die Mühe gemacht und die in Deutschland bereitstehenden Förderungen unter die Lupe nehmen lassen, sowohl das Förderangebot als auch die Fördernachfrage. Der FPX e.V. gab in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Energieberater Netzwerk (DEN e.V.) eine Förder-Analyse in Auftrag. Ziel: die „Vergleichenden Betrachtung der Förderungen für Wärmedämmung und für Heizungen“ der öffentlichen Förderungen von Bund, Bundesländern, Landkreisen, Städten und Kommunen sowie der zahlreichen Förderangebote der kommunalen Energieversorger.  Die Erhebung ergab, dass 1.587 Heizungsförderungen insgesamt 733 Förderungen für Wärmedämmung gegenüberstanden. Das sind 117% mehr Heizungsförderungen als geförderte Dämmmaßnahmen.

Das Ergebnis: Die Förderkulisse zielt zu sehr auf erneuerbare Energien ab. Heizungen und Haustechnik werden vordergründig gefördert, schnelle Investitionen, um fossile Energien durch erneuerbare zu ersetzen. Nach spätestens 15 Jahren steht die nächste Heizungssanierung ins Haus. Die eigentliche Energievermeidung und Effizienzsteigerung durch Wärmedämmmaßnahmen fällt nicht nur zahlenmäßig zurück, die Programme sind auch viel zu umständlich.
Zudem treten bei Heizungsförderungen Energieversorger als zusätzliche Fördergeber auf, die eine nicht unerhebliche Anzahl an Förderungen stellen. Die zwar zumeist niedrigen Förderbeträge sind zum großen Teil an eine Vertragsbindung geknüpft. Vergleichbares gibt es im Förderzweck Wärmedämmung nicht.

Bei genauer Betrachtung der Wärmedämm-Förderungen werden nur 14 Prozent gezielt und ausschließlich für Dämmmaßnahmen angeboten und zumeist oft im Gesamtkontext einer energieeffizienten Sanierung oder im Rahmen von allgemeinen Modernisierungsförderungen vergeben. Bei 46 Prozent der Förderungen ist die Wärmedämmung einer von vielen Förderzwecken, vor allem im Rahmen der Städtebauförderung oder Dorferneuerung, über 40 Prozent sind auf bestimmte Sanierungsgebiete beschränkt. Dass für eine Wärmedämmung eine mögliche Förderung als Entscheidungskriterium für oder gegen eine Umsetzung einfließt, zeigt die hohe öffentliche Nachfrage. Bei Heizungsförderungen hingegen greift oftmals der Mitnahmeeffekt. Die Heizung wäre auch ohne Förderung modernisiert worden.

Förderungen müssen übersichtlicher, verständlicher und einfacher werden

Was die alte Regierung viel zu lange vor sich hergeschoben hat, muss nun endlich angegangen werden. Es kann nicht sein, dass mit jeder Änderung alles immer nur noch komplizierter wird.
Die Nachfrage ist zweifelsfrei da, doch die Förderungen, vor allem für Maßnahmen zur Wärmedämmung, sind nicht überzeugend. Eine klare Kommunikation der bereitstehenden Förderungen, die Vereinfachung der Einstiegsbedingungen sowie der Förderungen an sich, könnte maßgeblich zu einem höheren Nutzungsgrad beitragen. Die derzeit mangelhafte Wahrnehmung ist nur durch eine verbesserte Visibilität und Ausgestaltung entgegenzuwirken. Sowohl der Rechercheaufwand, Informations- und Beratungsbedarf als auch die Beantragung und der Abruf der Fördergelder, stellen momentan große Hürden dar.

Einsparpotenziale belohnen

Sowohl die Wärmedämmung, als auch die Heizung zielen letztlich auf Energieeffizienz und Energieeinsparung ab. Ein lohnender Ansatz wäre, die gehobenen Energieeinsparpotenziale an sich zu belohnen. Dementsprechende Ansätze gibt es bereits im Bereich der Landesförderungen. Etwa im Baden-Württemberger Programm „KlimschutzPlus“. Der festgelegte Zuschussbetrag wird im Förderfall für jede vermiedene Tonne CO2-Äquivalent ausgezahlt und bei Erreichen eines Effizienzhausstandards – und damit einer höheren Gesamteffizienz des Gebäudes – zusätzlich erhöht.

Nachhaltigkeit fördern

Es geht nicht nur darum, wieviel Energie das Haus während der Nutzungsphase verbraucht, sondern auch ob und wann es die für den Bau benötigte Energie kompensieren kann und sogar ein Vielfaches der benötigten Energie einsparen kann. Nachhaltigkeit bezieht auch ein, dass die Baustoffe nach langjähriger Nutzung im Optimalfall wiederverwertet, recycelt oder schadstofffrei entsorgt werden können. Im Übrigen werden Gebäude hier im Vergleich zu vielen Konsum, Alltags- und Gebrauchsgegenständen schon am strengsten überhaupt bewertet. Als wichtiges Bewertungsinstrument dienen heute schon Umweltproduktdeklarationen für einzelne Baustoffe wie Wärmedämmung. Dabei fließt unter anderem die Betrachtung der grauen Energie für die Produktion der Baustoffe, für Transport und Bau mit ein. Die Zertifizierung von Häusern, z.B. nach den DNGB-Standards macht nachhaltiges Bauen planbar, bewertbar und messbar. Nachhaltigkeit sollte aber nicht nur mit hohen Recherche und Informationsaufwand sowie Mehrkosten bei Planung, Ausführung und Zertifizierung ausgebremst, sondern gefördert werden.

Gebäudeeigentümer vor Ort abholen

Energieberater sind schon heute die Multiplikatoren der Förderprogramme vor Ort. Zum einen empfehlen sie ihren Kunden die staatlichen Förderungen zu nutzen und helfen dabei, die geforderten Standards zu erreichen. Zum anderen müssen Energieeffizienz-Experten das Einhalten der Förderbedingungen gegenüber KfW und BAFA bestätigen und als Unternehmer dafür einstehen. Sie sind der Schlüssel, um ambitionierte Gebäudestandards zu etablieren.

Eine gute staatliche Förderung kann als Basis für lokale Aktionen und regionale Programme genutzt werden. Länder oder Kommunen können die Förderbedingungen als Grundlage für ein entsprechendes Programm nehmen und die Förderung so weiter aufstocken. So können Hauseigentümer durch lokale Aktionen im Land oder der Kommune – direkt vor Ort – viel besser erreicht werden.

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