Geplanter Förderstopp fürs Effizienzhaus 55 im Neubau

Förderpolitik muss verlässlicher werden

Förderstopp fürs Effizienzhaus 55: Foto: Sebastian Göbel  / pixelio.de

Förderstopp fürs Effizienzhaus 55: Foto: Sebastian Göbel / pixelio.de

Die Koalitionsgespräche laufen noch. Die neue Regierung ist noch nicht im Amt. Und doch werden die ersten Weichen schon gestellt. Die KfW informiert bereits offiziell: Das Effizienzhaus 55 wird aus der BEG-Neubauförderung gestrichen! Zum 1. Februar 2022 soll die Neubauförderung für das Effizienzhaus/-gebäude 55 in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) eingestellt werden. Deutschlands größter Energieberaterverband GIH kritisiert: „Was klimapolitisch verständlich ist, kann planerisch gravierende Folgen nach sich ziehen“.
Doch erst einmal von vorn.

Was heißt der geplante Förderstopp für Bauherren?

Bauherren, die bereits mitten in der Planung sind und die Förderung in der Baufinanzierung fest einkalkuliert haben, können ihren Förderantrag noch bis Ende Januar 2022 stellen. Maßgeblich ist dabei der Tag der Antragstellung. Ansprechpartner für den KfW-Kredit ist die Hausbank oder der Baufinanzierer. Auch die Bank braucht Zeit für die Bearbeitung und das Einreichen der Kreditunterlagen bei der KfW.
Alternativ kann ein Zuschuss direkt online im KfW-Zuschussportal beantragt werden. In jedem Fall ist ein Energieeffizienz-Experte notwendig, um die Effizienzhausplanung und -berechnungen durchzuführen.

Effizienzhaus 55
Über den KfW-Förderkredit können bis zu 120.000 € zinsgünstig finanziert werden, der Tilgungszuschuss von 15 %, maximal 18.000 € je Wohneinheit, wird bei Nachweis der Einhaltung aller Förderkriterien von der Rückzahlung erlassen. Alternativ kann eine Zuschussförderung von 15 % und max. 18.000 € direkt bei der KfW beantragt werden. Anrechenbar für den Zuschuss sind ebenfalls die 120.000 € je Wohneinheit.

Effizienzhaus der Erneuerbare-Energien-Klasse
Beim Effizienzhaus der Erneuerbare-Energien-Klasse erhöht sich die Förderung auf maximal 150.000 € Kredit­betrag bzw. förderfähigen Kosten je Wohneinheit und 17,5 % Zuschuss bzw. Tilgungszuschuss, das macht bis zu 26.250 €. Die Erneuerbare-Energien-Klasse wird erreicht, wenn die geplante Heizung auf Basis erneuerbarer Energien mindestens 55 % des Energiebedarfs des Hauses deckt.

Upgrade zum Effizienzhaus 40

Beim Neubau sollten Bauherren so energieeffizient wie möglich bauen. Die heutigen Baukonzepte und Materialien lassen weitaus mehr zu. Jeder – zugegebenermaßen erst mal mehr investierte Euro – zahlt sich das gesamte Hausleben lang mehrfach aus. Die zunächst erforderlichen Mehrkosten können dadurch zu großen Teilen mit niedrigeren Energiekosten und der höheren Förderung aufgefangen werden. Denn es können attraktivere Förderkonditionen genutzt werden.

Mit welchen Optimierungen ein geplanter Neubau zum Effizienzhaus 55 einen besseren Förderstandard erreichen kann, muss vom Energieeffizienz-Experten berechnet werden. Das bessere KfW-Effizienzhaus 40 wird auch weiterhin gefördert. Momentan mit 20 % Zuschuss bzw. Tilgungszuschuss, auf 120.000 € Kredit­betrag bzw. förder­fähigen Kosten, das macht bis zu 24.000 €. Ein Effizienzhaus 40 der Erneuerbare Energien-Klasse wird mit 22,5 % auf 150.000 € pro Wohneinheit und max. 33.750 € gefördert.

Der GIH sieht den Förderstopp mit gemischten Gefühlen

Die neue Klimaschutzregierung will den Fokus der Bundesförderung für effiziente Gebäude mehr auf die Sanierung legen und die Fördermittel verstärkt dort einsetzen. Im Gebäudebestand schlummert ein hohes Potenzial zur CO2-Minderung. Diesen Bereich anzugehen ist am notwendigsten und stellt zudem einen größtmöglichen, sichtbaren Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele in Deutschland in Aussicht.
Und Im Neubau? Was bezweckt werden soll, liegt auf der Hand: Jetzt gebaute 55er-Häuser werden vermutlich in den kommenden Jahrzehnten nur genutzt, energetisch aber nicht weiter aufgerüstet, da es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Um die Klimavorgaben der EU zu erfüllen, muss im Neubaubereich aber möglichst schnell der Sprung auf die Effizienzstufe 40 geschafft werden.

„Den energiepolitischen Ansatz sind wir gerne bereit zu unterschreiben,“  so Deutschlands größter Energieberaterverband GIH. Doch die Effizienzhausförderung der BEG für Neubau und Modernisierungsvorhaben startete erst zum Juni 2021 und läuft demnach noch nicht mal ein halbes Jahr. Und genau hier setzt der GIH mit seiner Kritik an. Laut GIH-Vorsitzenden Jürgen Leppig stelle die plötzliche Entscheidung die Branche vor massive Probleme: „Eine Förderung, die erst im Juli 2021 ins Leben gerufen wurde, zum Februar 2022 schon wieder einzustellen, lässt alle üblichen Planungshorizonte außer Acht.“ Der GIH erwartet, dass es vermehrt Fälle geben wird, in denen die schnelle Streichung der Mittel zu energetisch schwächeren Lösungen führt.

Denn Planer, Bauträger und Bauherren stehen nun vor der Entscheidung: „Entweder mehr Zeit und Geld in die Hand nehmen und mit Hilfe der Energieexperten rasch auf den 40-er-Standard zielen oder aber auf staatliche Unterstützung verzichten, energetische Ambitionen zurückschrauben und nur die gesetzlichen Mindestanforderungen umsetzen, die aktuell in etwa dem Effizienzhausstandard 70 entsprechen.“

Dabei könnte schon eine kleine Änderung für etwas Entschärfung sorgen.
Der GIH-Vorsitzende schlägt vor: „Um bereits begonnene Projekte nicht zu gefährden, sollte als Frist für die 55-er-Förderung nicht der Zeitpunkt der Stellung des Förderantrags, sondern der des Bauantrags gelten – dies würde in laufenden Projekten für die notwendige Luft sorgen.“

„Der Gesetzgeber sollte garantieren, dass die neuen Förderbedingungen verlässlich sind und über einen langen Zeitraum gültig bleiben.“

Das größte Problem sieht der GIH jedoch darin, dass die häufigen und kurzfristigen Änderungen in der Förderlandschaft jeglichen Glauben an die Verlässlichkeit unterminieren: „Bauherren und Planer werden demotiviert, langfristige Projekte zu starten. Energieberater leiden zudem unter Glaubwürdigkeitsverlust und müssen begonnene Projekte erneut überarbeiten. Der aktuelle Schlingerkurs führt also zu Problemen, Frust und wirtschaftlichen Schäden. Was wir brauchen sind verlässliche und langfristig gedachte Förderbedingungen, die von vornherein geeignet sind, verbindliche Einsparziele zu erreichen“, so Leppig.

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