Hilfreiche Labels und Zertifikate für Bauprodukte

Sören Scholz von DIN CERTCO im Interview zum europäischen Qualitätszeichen KEYMARK und dem DIN Geprüft-Siegel für Wärmedämmung

Die Qualität verbauter Baustoffe und Produkte lernen Bauherren erst nach der Kaufentscheidung und dem Einbau schätzen. Umso wichtiger ist, die Qualitätsmerkmale bereits vorher zu kennen. Und das ist mittlerweile gar nicht mehr so einfach.

Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Wi.-Ing. (FH) Sören Scholz - Leiter der Zertifizierungsstelle  DIN CERTCO Gesellschaft für Konformitätsbewertung mbH

Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Wi.-Ing. (FH) Sören Scholz – Leiter der Zertifizierungsstelle DIN CERTCO

Die Umstellung auf europaweit einheitliche und mandatierte Normen für Bauprodukte zog den Wegfall des etablierten Ü-Zeichens in Deutschland für CE-gekennzeichnete Produkte nach sich. Die Einführung zusätzlicher, freiwilliger Labels soll den Informationsverlust abfangen, ist auf den ersten Blick allerdings schwer zu durchschauen. Und die Kennzeichnungspflicht für Baustoffe wächst weiter. So gilt ab 1. Februar 2019 eine Deklarationspflicht für Bauprodukte, die im Innenraum verbaut werden: Für Boden-und Wandbeläge, Holzwerk- und einige Dämmstoffe müssen künftig die Emissionen stark flüchtiger organischer Verbindungen (VOC) in der sogenannten Leistungserklärung angegeben werden, die Bauprodukte mit CE-Kennzeichnung begleitet.

Umweltbewusst Bauen hat nachgefragt.

Sören Scholz, Leiter der Zertifizierungsstelle bei DIN CERTCO in Berlin, nimmt jährlich die Zertifizierung, Überwachung und Kennzeichnung von Produkten vor. Er gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen und erklärt, was ein DIN-Zertifikat alles bedeutet.

Wer ist DIN CERTCO, und was sind Ihre Aufgaben?

DIN CERTCO ist die Zertifizierungsgesellschaft der TÜV Rheinland Gruppe und des DIN Deutsches Institut für Normung e.V. Wir zertifizieren und registrieren die Qualität eines breiten Spektrums von Produkten, Dienstleistungen, Fachbetrieben und Personen.

Viele Produkte gleichen sich heute wie ein Ei dem anderen und erfüllen oberflächlich betrachtet die gewünschten Eigenschaften der Bauherren. Sind sie deshalb auch eins zu eins untereinander austauschbar? Kaufen Sie beispielsweise eine Wandfarbe, so können Sie damit den Raum weiß streichen. Ob diese Farbe jedoch auch die normativen Anforderungen an Abrieb oder Lösemittelinhalte erfüllt, ist vom Laien nicht festzustellen.

Unsere Zertifizierungen bieten Herstellern die Möglichkeit, die Übereinstimmung ihrer Produkte mit den z. B. in Normen festgelegten Anforderungen an Qualität, Sicherheit, und Leistungsfähigkeit für den Verbraucher zu dokumentieren. Das gibt dem Anwender die nötige Hilfestellung bei der Produktauswahl.

Welche Anforderungen gibt es heute speziell an Wärmedämmstoffe?

Die Hersteller müssen natürlich die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen, wie sie z. B. in der Bauproduktenverordnung definiert sind und die im Ergebnis zur CE-Kennzeichnung des Dämmstoffs führt. Vereinfacht gesagt, erklärt der Hersteller über die CE-Kennzeichnung, was sein Dämmstoff kann. Beispielsweise erfüllt ein Extruderschaumstoff (XPS) alle Produktanforderungen aus der Norm EN 13163. Bis Ende 2015 war in Deutschland zusätzlich das Ü-Zeichen (Übereinstimmungszeichen) gesetzlich gefordert. Es zeigte über spezielle Kurzzeichen nach DIN 4108-10 an, wofür der Dämmstoff verwendet werden durfte. Für das XPS-Beispiel bedeutet dies, dass Extruderschaumstoff als Spezialdämmstoff das Ü-Zeichen für die Verwendung als Wärmedämmung unter der lastabtragenden Bodenplatte hatte.

Warum ist das Ü-Zeichen für CE-gekennzeichnete Bauprodukte weggefallen?

An der CE-Kennzeichnung kann der Verbraucher, aber auch der Zollbeamte an der EU-Außengrenze erkennen, dass ein Produkt alle Mindestanforderungen nach geltenden EU-Richtlinien erfüllt und das Produkt damit innerhalb der EU frei gehandelt werden kann.
In Deutschland gab es u. a. für Wärmedämmstoffe zusätzliche gesetzliche Anforderungen, die über jene einer CE-Kennzeichnung hinausgingen. Wenn Hersteller ihre Produkte in Deutschland einbauen wollten, waren sie somit gesetzlich verpflichtet, höhere Anforderungen zu erfüllen. Das widersprach dem europaweit freien Handel von Dämmprodukten. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs musste das Ü-Zeichen für bereits CE-gekennzeichnete Produkte abgeschafft werden, auch wenn mit diesem Zeichen ein erkennbarer Mehrwert verbunden war – die geprüfte und überwachte Qualität der zugesicherten Eigenschaften und deren Anwendung nach DIN 4108-10.

Möchten Hersteller zusätzliche Anforderungen ihrer Produkte definieren, erfolgt das nun rein privatrechtlich durch freiwillige Zertifikate – jeder kann, aber keiner muss. In Europa hat sich hierzu ein Zertifizierungssystem auf Basis des so genannten KEYMARK etabliert. Die KEYMARK-Zertifizierung wird von vielen Herstellern von Dämmstoffen verwendet, die ihren Kunden zeigen wollen, dass sie freiwillig mehr Qualität und Sicherheit bieten als gesetzlich gefordert.

Was genau ist die KEYMARK?

Über die CE-Kennzeichnung zur Einhaltung der gesetzlichen Mindeststandards hinaus weist das KEYMARK-Zertifikat dem Verbraucher die geprüfte und zertifizierte Einhaltung erweiterter europäischer Produktnormen und Qualitätsstandards aus. Ein Produkt darf nur dann mit der KEYMARK gekennzeichnet werden, wenn es zuvor durch neutrale, unabhängige und kompetente Stellen geprüft und zertifiziert wurde.

Neben dem KEYMARK-Zertifikat gibt es das freiwillige „DIN Geprüft-Zeichen“ für Wärmedämmung. Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen und wie war die Ausgangslage?

Die DIN-Zertifizierung an sich und das damit vergebene DIN Geprüft-Zeichen hat eine lange Tradition. Es bestätigt, dass ein Hersteller seine Produkte freiwillig einer neutralen Prüfung unterzogen hat und diese alle Anforderungen der dazugehörigen Produktnorm erfüllen. Man findet das DIN Geprüft-Zeichen auf verschiedensten Alltagsgegenständen wie beispielsweise der Grill-Holzkohle und den dazugehörigen Anzündhilfen.

Das DIN Geprüft-Zeichen für Wärmedämmstoffe ist Teil einer Qualitätsoffensive. Um ein Zertifizierungsprogramm speziell für XPS-Dämmstoffe und deren Anwendungsgebiete nach DIN 4108-10 zu erstellen, sind 2015 die Fachvereinigung Extruderschaumstoff (FPX) e.V. und das Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. (FIW) auf DIN CERTCO zugekommen. DIN CERTCO war von Beginn an begeistert, weil es eine freiwillige und vertrauenswürdige Lösung für den Wegfall des Ü-Zeichens von CE-gekennzeichneten Produkte liefert

Das DIN Geprüft-Zeichen „Anwendung nach DIN 4108-10“ speziell für XPS-Dämmstoffe und deren Anwendungsgebiete

Mit dem DIN Geprüft-Zeichen wird in Nachfolge für das Ü-Zeichen für Extruderschaumstoff (XPS) ausgewiesen, dass die Produkte nicht nur die Anforderungen der EU-Produktnorm erfüllen, sondern zusätzlich auch die Anforderungen der deutschen Norm DIN 4108-10.

Das „DIN-Geprüft“-Zeichen deklariert so die typischen Leistungsmerkmale der XPS-Wärmedämmstoffe und bescheinigt den Produkten die Anwendbarkeit in den Bereichen Perimeter-, Umkehrdach- und Innendämmung.

Um die Anforderungen an die hohen bauphysikalischen Leistungen von XPS sicherzustellen, werden die wichtigen Produktparameter überwacht und durch das DIN Geprüft-Zeichen bestätigt, wie z. B. der Wärmedurchlasswiderstand und die Wärmeleitfähigkeit, das Brandverhalten, die Dimensionsstabilität bei Temperatur und Feuchte, die Verformung bei Druck- und Temperaturbeanspruchung bis hin zur Frost-/ Tauwechselbeanspruchung.

Welche Umweltrelevanz hat das DIN-Zeichen?

In erster Linie geht es im Rahmen der DIN-Zertifizierung um die Bestätigung der Anforderungen, wie sie in den Normen definiert sind. Dabei geht es beispielsweise um die wichtige Eigenschaft Wärmedurchlasswiderstand, denn nur wenn dieser Wert vom Wärmedämmstoff eingehalten wird, leistet er den versprochenen und wichtigen Beitrag zur Energieeinsparung und damit zur Schonung unserer Energieressourcen.

Noch nicht alle Normen enthalten klare Angaben zur Umwelt- und Gesundheitsrelevanz der Bauprodukte. Nichtsdestoweniger wurde bei der Erstellung des Zertifizierungsprogramms auch darauf geachtet, dass problematische Inhaltsstoffe für die Verbrauchersicherheit betrachtet werden. Für XPS bedeutet dies, dass nur Produkte, die frei von HBCD (Flammschutz) und FCKW (Treibmittel) sind das „DIN-geprüft“ Zeichen erhalten. Ein von uns so zertifizierter Dämmstoff spart so zweckentsprechend Energie und ermöglicht ein gesundes, schadstofffreies Klima.

Welche Transparenz bietet das DIN Geprüft-Zeichen?

Alle Anforderungen an die DIN-Zertifizierung werden nachvollziehbar in sogenannten Zertifizierungsprogrammen beschrieben und auf der Internetseite von DIN CERTCO veröffentlicht. So wird transparent, was hinter der jeweiligen Zertifizierung steckt. Zudem sind alle weiteren relevanten Informationen sowie sämtliche Zertifikatinhaber tageaktuell jederzeit online abrufbar.

Wie sieht das Zertifizierungsverfahren aus und wo findet man die gültigen Zertifikatinhaber und die zertifizierten Produkte?

Mit Antrag auf eine DIN-Geprüft-Zertifizierung muss der Hersteller alle zertifizierungsrelevanten Unterlagen einreichen, dazu zählt unter anderem ein gültiges KEYMARK-Zertifikat. Mit diesem wird freiwillig bestätigt, dass die geprüften Eigenschaften nicht nur durch die werkseigene Produktionskontrolle des Herstellers, sondern auch von einer unabhängigen Stelle geprüft, zertifiziert und überwacht werden. Das ist ein deutlicher Mehrwert gegenüber der CE-Kennzeichnung, welche nur eine Produktüberwachung durch den Hersteller fordert.

Ausgehend von den Anforderungen der DIN 4108-10 bestätigt DIN CERTCO dem Hersteller, für welche Anwendungsgebiete sein Dämmstoff gemäß Norm eingesetzt werden kann. Der Hersteller erhält ein entsprechendes Zertifikat und das Zeichennutzungsrecht für das DIN Geprüft-Zeichen zur Kennzeichnung seiner Produkte, in Kombination mit einer dazugehörigen Registernummer. Alle Zertifikate werden jährlich überwacht und die Leistungswerte im Internet veröffentlicht.
www.dincertco.de/4108-10

Wie sieht es mit der Kompetenz der eingesetzten Drittstellen aus?

Als Nachweis für die Unabhängigkeit, Neutralität und Kompetenz dieser sogenannten Konformitätsbewertungsstellen hat sich international die Akkreditierung durchgesetzt und bewährt. Auch hierfür gibt es entsprechende Normen wie z. B. die DIN EN ISO/IEC 17025, durch die Anforderungen an Prüflaboratorien definiert und die wiederum durch Akkreditierungsstellen (in Deutschland die DAkkS) begutachtet werden.

Wo findet man vertiefende Informationen

Weitere Informationen zur Zertifizierung von Wärmedämmstoffen und allen zertifizierungsrelevanten Dokumenten finden Sie auf der Internetseite von DIN CERTCO unter www.dincertco.de/4108-10

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert