Geht’s ums eigene Haus, verzichten viele immer noch darauf, einen Energieberater zu Rate zu ziehen. Warum eigentlich? Die Antwort lautet oft: Zu hohe Beratungskosten. Oder die offenbar schwierige Suche nach einem geeigneten Berater.
Wir haben für Sie einen Energieberater interviewt.
Dipl.-Ing. Andreas Katreniok berät Hauseigentümer nun schon seit 14 Jahren. Der gelernte Bauingenieur war viele Jahre in der Gebäudesanierung tätig und bildete sich dann zum Energieberater weiter. Für sein Ingenieurbüro sowie im Auftrag der Verbraucherzentrale und des Deutschen Energieberater-Netzwerkes e.V. (DEN) ist er Tag für Tag in der Mission Energieberatung unterwegs. Schon über 3.000 Hauseigentümern konnte er zur Seite stehen. Sie werden überrascht sein, wofür ein Energieberater alles nützlich ist.
Warum beauftragen die meisten Kunden eine Energieberatung bei Ihnen?
Die meisten meiner Kunden wollen sanieren und benötigen einen Effizienz-Nachweis, um Fördermittel etwa von der KfW oder aus regionalen Fördertöpfen zu bekommen. Größtenteils berate ich zu Einzelmaßnahmen. Zu meiner Aufgabe zählt es auch, eine geplante Modernisierung einzuordnen: Fällt das Vorhaben unter eine Einzelmaßnahme oder ist eine der Effizienzhausstufen machbar. Auch Energieausweise oder EnEV-Nachweise für Neubauten werden angefragt, allerdings seltener.
Was können Sie als Energieberater was der Hauseigentümer nicht kann?
Oft fehlt das Wissen darüber, wie und wo Energie verloren geht und was man grundsätzlich dagegen tun kann. Ich berate zu energieeffizienten Maßnahmen, an der Gebäudehülle und der Heiztechnik, zu Kosten und zu Fördermöglichkeiten. Großteils dreht sich die Beratung um die Spezialthemen Bautechnik, Bauphysik und Baubiologie. In den Medien werden Zusammenhänge häufig falsch dargestellt, dadurch entsteht bei den Hausbesitzern oft eine große Verunsicherung.
Was heißt das in der Praxis?
In der Praxis wird unsere Arbeit dadurch erschwert. „Atmende Wände“, Schimmel im Haus, Gefahr durch brennende Wärmedämmung – es gibt weit verbreitete Fehlinformationen, auf die man Tag für Tag stößt. Als Energieberater muss man ausbaden, was in den Medien kursiert. Das ist gar nicht so einfach, denn was im Fernsehen läuft, muss ja stimmen…
Welche Argumente helfen Ihnen?
Das ist reine Aufklärungsarbeit. Da helfen nur klare Aussagen:
„In erster Linie sind wir Mensch, dann Energiesparer.“
Der Mythos „Wände müssen atmen“ ist stark verbreitet. Wände atmen nicht. Das scheint ernüchternd und unspektakulär. Das Dämmen der Wände bewirkt nicht nur die Ersparnis von Energie, sondern beeinflusst auch unsere Behaglichkeit.
Zum Brandverhalten mancher Dämmstoff muss man sagen, dass einige der Stoffe natürlich brennbar sind, nur war der Anteil der Brände mit Beteiligung dieser Stoffe verschwindend gering.
„Frische Luft tut nicht weh!“
Beim Thema Schimmel im Haus geht es nahtlos über zur Baubiologie. Schimmel kommt bei neuen Fenstern nicht deshalb ins Haus, weil die schlecht sind. Oft liegt es einfach an mangelnder Lüftung. Die neuen Fenster sind grundsätzlich dicht, um die teure Heizenergie im Haus zu halten. Nach dem Einbau neuer Fenster sollte man daher sein Lüftungsverhalten ändern, da ansonsten Schimmel entstehen kann. Schimmel bildet sich allerdings nur, wenn neben der entsprechenden Feuchtigkeit noch weitere Faktoren hinzukommen.
Häufig hören wir, dass jemand seine Fassade gedämmt hat und nun Schimmel im Haus entstanden ist. Diese Aussagen sollte man nicht überbewerten, da nicht bekannt ist, was sonst noch gemacht wurde und ob es evtl. Mängel bei der Ausführung oder sonstige Bau- oder Feuchteschäden gab.
Wie sinnvoll sind einzelne Maßnahmen?
Wo liegen erfahrungsgemäß die höchsten Einsparpotentiale?
Lieber nur eine Wand dämmen, als gar keine.
Jede Maßnahme kann sich lohnen. Welche besonders, ist immer vom Gebäude abhängig. Eine neue Heizung sollte man nur mit anschließendem hydraulischen Abgleich des Heizsystems einbauen. Die Dämmung der obersten Geschossdecke kann man selbst verlegen. Die kostet vergleichsweise wenig, bringt aber in der Regel relativ viel. Einzelne Wärmebrücken hingegen sind eher ein bauphysikalisches Problem, die bekommt man auch mit Heizen und Lüften in den Griff. Eine komplette Außenwanddämmung rechnet sich nicht bei jedem Gebäude. Besonders die Dachdämmung ist in den letzten Jahren ziemlich teuer geworden.
Was sind die häufigsten Fehler bei energetischen Maßnahmen?
Die Anschlüsse der Dampfsperre im Dach sind oft Fehlerquelle Nummer eins. Beim Fenstereinbau liegen die Fehler oftmals im undichten Anschluss zwischen Laibung und Fenster. Falsch ausgeführte Außenwanddämmung kann die Ursache für Feuchte im Dämmstoff oder einen geringen Dämmeffekt sein.
Bei neuen Heizungen fehlt mitunter der hydraulische Abgleich. Manchmal wird dieser aber auch nur schlecht durchgeführt. Auch hier helfen wir als Energieberater weiter. Die Effizienz einer Brennwertheizung kann durch einen Energieberater einfach überprüft werden. Ich empfehle daher immer einen Energieberater der Verbraucherzentrale mit einem Brennwert-Check zu beauftragen. Dieses „Heizungs-EKG“ per Datenlogger überwacht dafür die Heizung über 24 Stunden hinweg. Durch diesen „Brennwert-Check“ können wir prüfen, ob ein Brennwertkessel richtig eingestellt ist und der energiesparende Brennwerteffekt auch tatsächlich erreicht wird.
Welche Möglichkeiten zur Energieberatung gibt es?
Ein Energieberater kann zum Beispiel über die Verbraucherzentrale beauftragt werden. Die mündliche Beratung im Haus dauert etwa 2 Stunden und bezieht sich auf die Gebäudehülle und Optionen zur Dämmung, auf die Heizungsanlage, sowie auf Nutzungsmöglichkeiten für erneuerbare Energien. Auch der Stromverbrauch und Haushaltsgeräte werden untersucht. Die Beratung wird vom Bundes-Wirtschaftsministerium gefördert und kostet den Hauseigentümer so nur 20 Euro. www.verbraucherzentrale-energieberatung.de/beratungsstellensuche_plz.php
Eine andere Möglichkeit ist eine BAFA-Vor-Ort-Beratung. Die ist umfassender und beziffert Einsparpotenziale, Rentabilität und Kosten in einem umfänglichen Bericht. Hier erfährt man zum Beispiel, welches Effizienzhausniveau ein Haus erreichen kann und welche Maßnahmen dafür notwendig sind. Auch hier gibt es Förderung. Der Zuschuss vom BAFA beträgt fürs Einfamilienhaus ab März 2015 mit 60 Prozent des Beraterhonorars bis zu 800 Euro. Für die BAFA-Beratung zugelassene Energieberater findet man unter: www.energie-effizienz-experten.de
Machen Sie auch Baubegleitung?
Eine Baubegleitung erwarten viele nur vom Architekten, nicht vom Energieberater. Dabei hat sich unser Beruf längst weiterentwickelt. Ich arbeite hier oft als Partner für Architekten und Statiker. Die eigentliche Baubegleitung des Architekten lässt sich gut von der des Energieberaters trennen. Ich kümmere mich um die energie- und förderrelevanten Schwerpunkte, etwa energetische, bauphysikalische Punkte. Ich erstelle die für eine Förderung erforderlichen Nachweise und kümmere mich um die Unterlagen, die der Handwerker erstellen muss. Meine Leistung der Baubegleitung wird von der KfW gefördert. 50 Prozent der Beratungskosten, bis zu 4.000 Euro, bezuschusst die KfW-Bank.
Welchen Tipp können sie Hauseigentümern geben, deren Eigenheim bereits in die Jahre gekommen ist?
Tipp 1: Das eigene Nutzerverhalten optimieren.
Richtiges Lüften und Heizen spart und kostet nichts.
So müssen zum Beispiel nicht immer alle Räume im Haus beheizt werden und nicht überall braucht man 22° C Raumtemperatur.
Tipp 2: Keine Angst vor der Heiztechnik, keine Angst damit umzugehen.
Als Hauseigentümer kann man bereits mit seiner alten Heizung sparen. Schauen Sie sich die Pumpe an: ist die nicht regelbar, lassen Sie sie austauschen. Hat die Pumpe mehrere Stufen, so kann man eventuell die Leistung absenken. Machen Sie sich mit der Heizung vertraut, mit den Betriebseinstellungen und Nutzungszeiten. Wir haben auch gelernt Auto zu fahren, das ist viel schwieriger.
Tipp 3: Einen Energieberater ins Haus holen.
Was empfehlen Sie Bauherren, die sich den Traum vom Eigenheim erfüllen wollen?
Tipp 1: Besonders gut dämmen. So braucht das Haus von vornherein wenig Energie.
Und Sie können sich für eine einfache Anlagentechnik entscheiden, die nicht viel Wärme erzeugen muss. Auch eine neue Heizung sollte vom Bewohner gut zu bedienen sein, damit er selbst Änderungen vornehmen kann.
Tipp 2: Auf gute Belüftung achten.
Der Mensch ist in erster Linie Mensch und braucht frische Luft. Dazu muss keine komplette Lüftungsanlage eingebaut werden. Ich empfehle meinen Kunden eher eine Abluftanlage.
Tipp 3: Auch den Strom im Auge behalten und Regenerative Energien nutzen.
Die Strompreise steigen Jahr für Jahr um 7 Prozent, sie verdoppeln sich damit alle 10 Jahre.
Mit der eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach kann man Strom selbst erzeugen. Einen Strom-Speicher würde ich nachrüsten, wenn diese günstiger und damit rentabel werden.
Was wollten Sie schon immer zum Thema Energieberater los werden?
Energieberater muss endlich ein richtiger Beruf werden.
Momentan kann sich jeder so nennen, denn es ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Ein klares Berufsbild mit einem Mindestmaß an Wissen verbessert die Energieberatung für den Kunden und vereinfacht insofern auch unsere Arbeit.
Sehr interessantes Interview mit praxisnahen Hinweisen und Tipps von einem Experten, der jahrelange Erfahrung hat. Ein Umstand der in dem recht jungen Thema der Energieberatung nicht alltäglich ist und der Energieberater als nicht-geschützter Beruf manchmal noch mit einem Stromspar-Berater verwechselt wird, der einem im schlimmsten Fall noch Verträge andrehen möchte. Energieberater kann man auf verschiedene Wege werden, Kraft Abschluss (Bau-Ing / Architekt) oder durch Weiterbildung. Doch inhaltlich ist das nicht immer das gleiche, hier macht es Sinn Energieberater zu vergleichen, vor allem Qualifikationen, Leistungen und Zertifizierungen, wie z.B. nach BAFA oder KfW.
Wirklich ein top Beitrag. Sehr viel Infos und Tips von einem echten Experten!
Super gemacht!