Welcher Dämmstoff ist der Richtige? Und schließlich: Sollte man überhaupt noch dämmen? Unsere Gastautorin nimmt den vermeintlichen Dämmzwang, die Einsetzbarkeit von Dämmstoffen und den Brandschutz einmal genauer unter die Lupe.
Gastbeitrag von Serena Klein
Um hier Antworten zu finden, ist es wichtig, sich Fakten anzuschauen: Wärmedämmung unterliegt einem physikalischen Prinzip. Sie reduziert den Wärmedurchgang durch ein Bauteil wie die Wand auf ein Minimum und gehört daher heute zum energieeffizienten Bauen dazu. Grundsätzlich ist unumstritten: Um den Energiebedarf eines Hauses signifikant zu senken und in keine überdimensionierte teure Heizungsanlage investieren zu müssen, muss das Haus fachgerecht gedämmt werden. Außer man heizt sein Geld gern zum Fenster heraus.
Einen Dämmzwang aber, wie es in den Medien gern fälschlicherweise berichtet wird, gibt es nicht.
Zwar schreibt die Energieeinsparverordnung (ENEV) von 2014 vor, dass Warmwasserleitungen und Dachböden gedämmt werden müssen, ansonsten aber bleibt die ENEV technologieoffen. Sprich, ein Bauherr kann seine Fassade dämmen – muss aber nicht. Die von der ENEV vorgeschriebenen Effizienzwerte können auch mit anderen Maßnahmen wie auch unterschiedlichen Dämmstoffen erreicht werden.
Naturdämmstoffe werden künftig immer stärker zur Anwendung kommen.
Das ist die gute Nachricht. Der Nachteil ist, sie sind in der Langzeiterfahrung nicht erprobt – etwa wie feuchteresistent und formstabil sie nach zehn Jahren noch sind. Und Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen enthalten Brandschutzmittel und Biozide; das Problem ist noch nicht gelöst – insbesondere das der Brennbarkeit. Zudem sind Ökodämmstoffe keine Alleskönner und nicht in allen Bereichen der Gebäudehülle einsetzbar.
Verschiedene Materialien für unterschiedliche Einsatzgebiete
Nicht alle Dämmmaterialien sind überall einsetzbar. Ober andersherum: Den einen Dämmstoff um ein Haus von der Bodenplatte bis zum Dach perfekt und lückenlos zu dämmen, gibt es nicht. Hier gilt es das optimale Material für Wand, Dach und Keller zu finden und die Vorteile der verschiedenen Dämmstoffe auszunutzen. Mineralwolle beispielsweise eignet sich sehr gut für den Innenausbau und zur Fassadendämmung, auch wenn es generell etwas kostspieliger ist. Mineralwolle ist allerdings nicht geeignet, um unter der Bodenplatte verlegt oder bei Gründächern, Dachterrassen und Dachgärten eingesetzt zu werden. Für diese Bereiche haben Glas- oder Extruderschaum Zulassungen. Diese sind wiederum nicht im flächigen Fassadenbereich oder der Zwischensparrendämmung vom Dach zu finden.
Generell gilt: Sie finden in der Deklaration immer den Hinweis darauf, für welche Einsatzbereiche eine Normung oder eine baurechtliche Zulassung besteht.
Eine Bodenplatte oder ein Dachgarten kann nicht mit Naturdämmstoffen gedämmt werden. Hier wird ein Dämmstoff benötigt, der enormen Druck aushält, wasserresistent ist und sehr lang hält – wie Glasschaum oder XPS (Extruderschaum). Betrachtet man zum Beispiel XPS aus ökologischer Sicht, besteht ein Schaumstoff zu 98 Prozent aus Luft, nur 2 Prozent macht der Erdöl-Anteil aus. Bei sehr geringem Materialeinsatz unterstützt der Dämmstoff ein hauslebenlang die Energieeinsparung ohne Leistungsverluste. Daher kann das Material in der Ökobilanz mit alternativen Dämmstoffen mithalten. Informationen zur Ökobilanz von Dämmstoffen findet man in unabhängig erstellten Umweltproduktedeklarationen (EPD). Solch eine Deklaration umfasst eine systematische und umfassende Beschreibung zu CO2-Bilanz, Abfallträchtigkeit, Energie- oder Ressourceneinsatz. ibu-epd.com
Bei 0,0025 Prozent aller Hausbrände in Deutschland ist Dämmung involviert.
Kommen wir hier auch gleich zum heiß diskutierten Thema Brand, das „Herzstück“ der Dämmkritiker. Wenn man sich vor Augen hält, dass statistisch gesehen nur bei 0,0025 Prozent aller rund 200.000 jährlichen Brände in Deutschland – jeder freilich einer zu viel – Dämmung überhaupt eine Rolle spielt, drängt sich der Eindruck auf, das Thema ist ein auflagenkalkulierendes Mediengeschäft mit der Angst. Auch gibt es immer die Möglichkeit, seine Fassade mit nicht brennbaren Dämmmaterialien wie Mineralwolle auszustatten.
Richtig ausgeführte Dämmarbeiten erwirken einen klaren Komfortgewinn was das Wohnen betrifft und eine Wertsteigerung, was die Immobilie angeht.
Wie die richtige Dämmung die Grundlage für nachhaltigen Klimaschutz schafft, zeigt das Gründach. Dachbegrünungen liegen im Trend und sind teilweise bereits Standard bei öffentlichen Gebäuden: Zahlreiche Kommunen und die KfW fördern Dachbegrünungen mit speziellen Programmen, denn die grünen Inseln sind Ruheoasen und oftmals wertvolle Ökotope zugleich. Eine Dämmung beim Gründach muss garantieren, dass sie Feuchte aushält, was den Einsatz von Naturdämmstoffen nahezu ausschließt. Insbesondere beim als Umkehrdach angelegten Gründächern schützt die Dämmung die darunter liegende, sensiblen Dachhaut – so verlängert man die Lebensdauer des Daches um das Doppelte, was enorme Kosten spart und zudem umweltfreundlich ist.
Wer bei allem Für und Wider dennoch unsicher ist, kann einen Energieberater beauftragen.
Welche Dämmmassnahme für das eigene Haus sinnvoll ist, kann ein Energieberater empfehlen. Wichtig ist hierbei, einen geschulten und unabhängigen Experten zu finden. Für die Beratung wird sogar ein staatlicher Zuschuss gewährt, bei Ein- bis Zweifamilienhäusern bis zu 800 Euro. Die Beauftragung ist ein Kinderspiel: Denn die meisten Energieberater stellen hierfür gleich selbst den Antrag. Und auch für eine fachgerechte Ausführung ist der Expertenrat und das Auge eines Energieberaters bares Geld wert.
www.energie-effizienz-experten.de
Herrlich unaufgeregter Artikel der wertneutral die Fakten nennt. Vielen Dank dafür!
Mit Naturdämmstoffen hat man bereite jahrhundertelange Erfahrungen es wurden 400 Jahre alte Häuser mit intakter Seegrasdämmung gefunden und chemosche Zusätze als Brandhämmer braucht Seegras auch nicht, es brennt von Natur aus nicht!
Seegras ist sicher ein toller Stoff zur Dämmung, nur die Aussage „es brennt von Natur aus nicht“ ist schlichtweg falsch.
Hier ein Artikel der die Vor- und Nachteile beleuchtet, damit und mit weiterer eigener Recherche möge sich jeder selbst ein Urteil bilden.
Der Link fehlte noch
https://www.hausjournal.net/seegras
Als Fachmann im Bereich Dämmtechniken wirkt der Artikel für mich pro Mineralwolle und Polystyrol. Für mich die schlechteste Wahl aller Dämmstoffe. Aber wahrscheinlich ist diese Initiative genau von diesen Herstellern gegründet worden. Man muss eine Lüge nur oft genug wiederholen damit sie zur Wahrheit wird.
Genau so wie man oft genug wiederholen muss, dass alles Lobby ist. Als ich als frühere Journalistin mal einen Dämmstoffhersteller Gesamtverband aller Hersteller in Deutschland (den gibt es glaube ich auch nicht mehr) für ein Interview besucht habe, sass da eine Frau und ihre Halbtagsassistentin. Da dachte ich mir „Das ist also die Dämmstofflobby von der alle reden.
Wir schreiben über alle Materialien, auch über Ökodämmstoffe über Kosten und Risiken. Nennen Sie doch ein bps wo positiv (und/oder falsch)zum bsp über Mineralwolle oder Styropor geschrieben wurde. Neutralität ist mir wichtig, ich wäre daher sehr dankbar. Danke für den Austausch. PS: Welche Materialien empfehlen Sie? Wollen Sie mir mal was dazu schreiben? Und was machen Sie auf dem Dach, das ein Gründach werden soll oder in der Bodenplatte? Klar, kann man in der Fassade so gut wie alles nehmen, aber in feuchten und lastschweren Bereichen? Austausch erwünscht.
Woher kommt die Zahl 0,0025? Quellenangabe oder Berechnungsweg würde den Artikel seriös machen.
Das ist eine öffentlich einsehbare Statistik der Frankfurter Feuerwehr. Bei ca. durchschnittlich 200.000 Hausbränden pro Jahr lag die Zahl der Brände bei denen Dämmstoffe aus Polystyrol beteiligt waren bei unter 10. Übrigens sind natürlich auch E Mail Adressen natürlich eine Art offen mit Fakten umzugehen.
Eine Dena-Studie aus 2013, welche im Auftrag der KfW Bank erstellt wurde, kam zu dem Ergebnis, daß sich die Dämmung in 80% der Fälle nicht rechnet. Klar, hat ja auch nur eine Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren.
Ich kann mich Herrn Oliver Giltz nur anschließen, entweder haben Sie keine Ahnung oder machen tatsächlich Werbung für Polystyrol und co….
Als Architektin kann ich ihnen nur sagen, dass wir Architekten nicht gerne Polystyrol an Fassaden kleben. Wir haben hier mitlerweile sehr viel bessere Alternativen. Insbesondere auf Grund von Ressourcenschutz sollte man auf Polystyroldämmung verzichten. Von Steico gibt es mittlerweile zB. Holzwolldämmstoff ohne Brandschutzmittel. Was auch falsch ist in ihren Artikeln, die Dämmstoffe werden häufig außen angebracht und nicht im Wohnraum. Mich würde noch interessiern, für welchen Zweck Sie diese Art von Artikel eigentlich verfassen, die weder dazu Beitragen eine nachhaltige Entwicklung in der Architektur voran zu treiben oder Bauherren sachlich aufzuklären….?
Danke für Ihre Meinung und sorry für die ziemlich späte Antwort. Es handelte sich hier um einen Gastbeitrag, das ist extra erwähnt. Aber wir fanden, dass diese Meinung auch formuliert erden sollte. Ich persönlich finde Fassadendämmung mit Polystyrol werden rentabel noch nachhaltig. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass nicht alles durch nachwachsende abgedeckt werden kann. Und ich bin auch der Meinung, dass Kunststoff nicht immer per se evil ist. Es kommt doch für die Ökobilanz von Kunststoffen auf die Nutzungsdauer an. und eine Bodenplatte aus XPS ist so lange im Einsatz wie das Haus steht. Aber wenn Sie ein Haus habe, das nach EneV und nur mit nachwachsenden Materialien gebaut ist, dann senden Sie uns doch gerne einen Kurzen Objektbericht oder Infos und wir schreiben selber einen Artikel. Wir sind immer auf der Suche nach tollen Objekten.
@Peter Pfau: Die Studie ist relativ leicht zu finden und sie sagt aus, dass bei einer angestrebten Reduzierung des Energieverbrauchs von 80% im Durchschnitt dann 76% Reduzierung erreicht wurden (von mehreren hundert Projekten, der Verbrauch wurde dabei über mehrere Jahre betrachtet).
Nix von wegen dass sich in 80% der Fälle die Dämmung nicht rechnet. Fehlendes Leseverständnis oder Absicht?
Das Zusammenspiel Wandbaustoffe/ Dämmung/Fenster/Heizung/Raumgröße ist für die Enev Berechnung massgebend, nur bei den heutigen Preisen für Bauplatz, Nebenkosten und Gebäudekosten mit gewissem Schnickschnack ist das für Normalverdiener nicht mehr bezahlbar!!!!
Selbstverständlich können Naturdämmstoffe auch draußen, bzw. auf Gründächern, u.s.w. eingesetzt werden.
Es kommt nur immer drauf an, welcher!
Korkplatten z.B. verrotten oder schimmeln nicht und sind auch nur extrem schwer entzündlich.
Auch gibt es jahrzehntelange Erfahrungen. Thermo-Hanf (aktuell leider nicht mehr existent) war schon Ende der Neunziger am Markt. Viele Naturdämmstoffe sind schon lange im Einsatz – nur nicht so verbreitet, populär und in der Industrie bekannt.
Seegras ist tatsächlich kaum entflammbar, aufgrund des hohen Salzgehaltes. Gleichzeitig wird es heute kaum noch abgefahren, da es als Küstenschutz liegen bleiben soll! Dies in hohen Mengen industriell einzusetzen, hätte viele negative Auswirkungen!
Hallo Herr Oberholz, danke für Ihren Kommentar. Wir lernen gerne Neues. Tatsächlich ist mir bislang nicht bekannt, dass Kork auf begehbaren Gründächern z7gelassen ist, Haben Sie dazu weitere Informationen? Wir sind immer für so viel wie möglich Natur am Bau. Allerdings wissen wir auch, dass das nicht immer per se zwingend das Nachhaltigste sein muss. Deswegen checken wir von Fall zu Fall. Es geht um viel mehr als nur den Rohstoff der zum Einsatz kommt. Bauphysikalische Eigenschaften, Lebensdauer, Dämmwerte usw. Da kann unter Umständen auch mal ein Material aus organischen Rohstoffe besser abschneiden als aus nachwachsenden.