Stimmen zum neuen Gebäudeenergiegesetz

wie dämmenUmweltbewusst bauen – eigentlich gar nicht so schwer, wenn dabei nicht eine solche Vielfalt von Gesetzen, Vorgaben und Verordnungen zu berücksichtigen wäre, so dass ohne abgeschlossenes Jurastudium nur schwer der Durchblick gewahrt werden kann. Zunächst sind hier die Bauvorgaben von Bund und Ländern zu erwähnen. Hinzu kommen zusätzliche Energieeffizienz-Richtlinien und -Verordnungen von Bundesregierung und EU.
Nicht nur Bauherrenverbände fordern seit Langem, die derzeit schwer durchschaubare Gesetzeslage zu entschärfen. Planer und Ausführende stellt jedes Projekt erneut eine Herausforderung, den sich teilweise wiedersprechenden Anforderungen gerecht zu werden. Es wird Zeit, Klarheit zu schaffen und den Paragraphendschungel zu lichten. Nachdem sich lange nichts getan hat, liegt nun ein Referentenentwurf des Wirtschafts- und des Umweltministeriums vor. Doch was steht drin und wie reagieren die Verbände?  

Aus drei macht eins

Die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEWärmeG) und das Energieeinsparungsgesetz (EnEG), soweit davon Gebäude betroffen sind, sollen im Gebäudeenergiegesetz (GEG) zusammengeführt werden.
Das neue GEG soll alle gesetzlichen Rahmenbedingungen für Gebäude regeln, die die Energieeinsparung und die Nutzung erneuerbarer Energien betreffen. Das soll den Neubau und die Modernisierung sowohl energetisch als auch wirtschaftlich erleichtern. Zudem soll der nach EU-Recht geforderte Standard des Niedrigstenergiegebäudes als zukünftiges Neubauniveau festgeschrieben werden. Dazu müssen die einzelnen Parameter für Gebäudehülle, Heizung, Lüftung und erneuerbare Energien definiert und festgelegt werden.

Was wird sich für Bauherren und Hauseigentümer ändern?

Im GEB-Beitrag heißt es dazu: “Die Vorgaben folgen weiterhin dem Ansatz, den Primärenergiebedarf von Gebäuden zu minimieren und dazu den Energiebedarf eines Gebäudes von vornherein durch einen energetisch hochwertigen baulichen Wärmeschutz zu begrenzen und den verbleibenden Energiebedarf zunehmend durch erneuerbare Energien zu decken.“

Sowohl für die Modernisierung als auch für den Neubau wurden die Effizienzanforderungen der EnEV weitestgehend übernommen. Im Neubau gelten also erst einmal weiterhin die erst im letzten Jahr verschärften Richtwerte. Die Festlegung des so genannten Niedrigstenergiegebäude-Standards für den Neubau von Wohnhäusern wurde nicht konkretisiert und steht damit weiterhin bis spätestens 2021 aus. Für neue, öffentliche Nichtwohngebäude wurden für das Niedrigstenergiegebäude die Anforderungen des KfW-Effizienzhausstandard 55 festlegt.

Erste Stimmen zum Entwurf:

Bis 1. Februar hatten Verbände die Möglichkeit, zum Entwurf des Gesetzes Stellung zu nehmen. Während die Zusammenführung weitestgehend auf große Zustimmung stößt, gibt es auch Zweifel und Kritikpunkte. Die betreffen vor allem die Regelungen für private Bauherren, die versprochenen Vereinfachungen und die Umsetzbarkeit des GEG in der Praxis.

Verbraucherzentrale Bundesverband
Die Verbraucherschützer sind mit dem Entwurf nicht zufrieden: Gebäudeenergiegesetz bringt keine Planungssicherheit. „Bei Neubauten brauchen wir Planungssicherheit für private Bauherren.“
http://www.enbausa.de/finanzierung/aktuelles/artikel/gebaeudeenergiegesetz-bringt-keine-planungssicherheit-5173.html

Verband Wohneigentum e.V.
Der Verband fordert: „Vereinheitlichen, aber nicht verteuern – Prinzip Wirtschaftlichkeit ernst nehmen. Im Vorfeld der Festlegung neuer Standards muss eine Folgeabschätzung hinsichtlich der Kostenentwicklung des Bauens und Wohnens vorgelegt werden.“ Außerdem sei sicherzustellen, dass der Standard nicht ein Faktor ist, der zu ständiger Revision und Verschärfung von Bau- und Sanierungsauflagen, das heißt auch zur Verteuerung des Neubaus, führen darf.
http://verbaende.com/news.php/Gebaeudeenergiegesetz–vereinheitlichen-aber-nicht-verteuern–Verband-Wohneigentum-Prinzip-Wirtschaftlichkeit-ernst-nehmen?m=114014

Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG)
Der neue Dachverband der Gebäudehülle begrüßt es, zum jetzigen Zeitpunkt im Gebäudeenergiegesetz keine Verschärfungen der Anforderungen zu verankern. Kritisch hingegen sei die schleichende Verschlechterung bisheriger Anforderungen an den Primärenergiebedarf und den baulichen Wärmeschutz durch Anrechnung z.B. von Photovoltaik bzw. die Verankerung einiger neuer Ausnahmen zu sehen. Hier drohen die Anforderungen an den Gebäudebestand noch weiter zu steigen.

Dämmstoffbranche
Die Fachvereinigung Extruderschaum e.V. (FPX) , die sich auf die Wärmedämmung von Umkehrdächern, Gründächern und Bodenplatten spezialisiert hat, weißt in diesem Zusammenhang nicht nur auf die damit verbundenen und unnötig weiter steigenden Kosten hin. Norbert Buddendick, Geschäftsführer der FPX e.V. gibt zu bedenken: „Wird dieser Weg beschritten, ist mit einer weiteren Verteuerung der Maßnahmen und damit abnehmenden Akzeptanz bei Verbrauchern und Nutzern zu rechnen.“

Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB)
Die DGNB begrüßt die Zusammenlegung, kann jedoch kaum Vereinfachungen finden, die das Rahmenwerk zu einem handhabbaren Planungswerkzeug machen. Weder lassen sich die geforderten Methoden in frühen Phasen von Planern ohne Einbezug von ausgewiesenen Experten selbst einsetzen, noch fördert das geforderte Berechnungsverfahren über ein fiktives Referenzgebäude projekt- und kontextbezogene, tatsächliche Optimierungen. Doppelberechnungen (Simulation plus GEG-Berechnungen) und damit Doppelkosten sind gerade bei ambitionierten Projekten die Folge.
http://www.dgnb.de/dgnb-ev/de/aktuell/positionspapiere_stellungnahmen/

Die CDU will, dass Ausnahmen beim Standard der Energieeffizienz auch Privatleuten zugutekommen:
„Kommunen sollen vom Energieeffizienzstandard abweichen dürfen. Entsprechende Ausnahmen sollen auch für private Häuslebauer gelten, fordert CDU/CSU-Fraktionsvize Michael Fuchs in der WirtschaftsWoche: „Natürlich müssen Private entsprechende Spielräume und Ausnahmemöglichkeiten haben wie die öffentliche Hand.“
http://www.wiwo.de/politik/deutschland/gebaeudeenergiegesetz-cdu-will-erleichterungen-auch-fuer-private/19336224.html

Deutsches Energieberater-Netzwerk (DEN-e.V.)
„Diese Vorlage scheint uns mit der heißen Nadel gestrickt worden zu sein. Sie lässt Chancen ungenutzt, die ein neues, bisherige Gesetze und Verordnungen zusammenfassendes Gesetz böte“, sagt der Vorsitzende des DEN, Dipl.-Ing. Hinderk Hillebrands. „Die Wirtschaftlichkeit sollte im Detail bewertet werden und Klimaschutz darf nicht nur aus betriebswirtschaftlicher Sicht gesehen werden.“
http://den-ev.de/cms_v2/fileadmin/Dateien/Pressemitteilungen_2017/2017_02_07_DEN_PM_02-2017_final_HP.pdf

Weitere Stimmen:
https://www.easyheizung.de/ratgeber/politische-themen/gebaeudeenergiegesetz-geg/
http://www.geb-info.de/GEB-Newsletter-2017-4/Kritik-der-Verbaende-zum-GEG-Referentenentwurf,QUlEPTc1MDM5MiZNSUQ9MTA1MzYz.html

Ist wirklich Eile geboten?

„Die beteiligten Ressorts haben über ein Jahr Zeit gebraucht, einen Gesetzentwurf zu erstellen und zu der vorliegenden Reife zu bringen.“ Die gesetzte Frist von sieben Werktagen für die Abgabe einer Stellungnahme dazu hält nicht nur der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle für inakzeptabel.
Nach den derzeitigen Plänen der Regierung soll das neue Gebäudeenergiegesetz nun schnellstmöglich durch alle Instanzen laufen und bereits zum Januar 2018 in Kraft treten.
Vor dem Hintergrund der endenden Legislaturperiode und dem anstehenden Wahlkampf könnte der damit verbundene Zeitdruck insofern auch kontraproduktiv wirken, da es letztlich darum geht, Energieeffizienz bei Neubau und Modernisierung grundsätzlich auf eigene Füße zu stellen. Der bildliche Vergleich liegt nahe, dass genau wie ein Haus auch ein so zukunftsweisendes Gesetz ein tragfähiges Fundament benötigt. Zumal es sich dabei um ein Gesetz für Bau- und Energiestandards gleichermaßen handelt.

Eine umfassende, praktikable und somit wirklich zielführende Konkretisierung des Gesetzentwurfs würde allen Beteiligten auf lange Sicht viel Zeitaufwand und im übertragenen Sinne Energie ersparen gegenüber späteren Nachbesserungen und Zusatzverordnungen (wie am Beispiel der bereits geplanten Neujustierung der Primärenergiefaktoren zu sehen ist).

Motivation bei der konkreten Ausgestaltung des neuen GEG sollte es sein, umweltbewusstes Bauen durch klare, eindeutige und aufeinander abgestimmte gesetzliche Vorgaben zu unterstützen, anstatt zusätzlich zu erschweren. Ein gemeinsames Ziel, das es wert ist, Zeit und Energie zu investieren.

 

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Ein Kommentar zu “Stimmen zum neuen Gebäudeenergiegesetz

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