Vom Großstadt- zum Gründach-Dschungel
Hausdächer sind die größten ungenutzten Flächen in der Stadt. Immer mehr davon werden kurzentschlossen zum Gründach umfunktioniert. Schon erstaunlich, auch immer mehr Projekte aus Forschung und Praxis belegen: Fast keine Baumaßnahme hat so viele positive Auswirkungen.
Eine Dachbegrünung ist ein guter zusätzlicher Schallschutz und verhindert die direkte Sonneneinstrahlung. Die Dachabdichtung hält so im Vergleich zum normalen Flachdach bis zu dreimal so lange und spart so Kosten für Instandhaltung und Reparatur. Gleichzeitig schützt das Dach vor Kälte und Hitze im Haus und spart so Energie und Kosten. Regenwasser kann wieder verdampfen, die Niederschlagsgebühr sinkt mit dem Gründach. Die Verdunstung der gespeicherten Feuchtigkeit wirkt im Sommer wie eine Klimaanlage fürs Haus. Das sind nur einige der Vorteile.
Typgerechtes Gründach
Genauso vielfältig scheint die Art an Gründächern zu sein. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten. Die extensive und die intensive Dachbegrünung. Auf extensiven „arbeitssparenden“ Dächern wachsen Pflanzen ohne großen gärtnerischen Aufwand. Die Dächer sind nicht begehbar, die Pflanzen müssen mit einer vergleichsweise flachen Substratschicht auskommen. Flache Wurzeln, wenig Wasser, kein Schatten im Sommer und Sturm und Kälte schutzlos ausgeliefert im Winter – das können nur ausgewählte Pflanzen wie Gräser, Moose oder Dickblattgewächse. Einmal richtig angepflanzt kann man so Flachdächer und Schrägdächer begrünen und sich selbst überlassen.
Mit einer intensiven Begrünung können ganze Dachgärten entstehen. Vom Rasen über Stauden, einem Kräuterbeet bis hin zu Büschen und Bäumen oder sogar einem Teich – hier kann alles Mögliche seinen Platz finden. Immer mehr große Dächer landen beispielsweise derzeit im Visier von Großstadt-Gärtnern. In „Urban Farming“ Projekten werden Dachflächen zu Gemeinschaftsgärten gemacht. Bewohner können hier ihr eigenes Gemüse anbauen und ernten. Auch die aktuelle Presse beschäftigt sich mit dem Thema. Drei Links führen zu Beiträgen von Spiegel, Zeit und Welt.
„Die Welt“ titelt: „Der Gemüseanbau auf dem Dach ist nicht nur Spaß, sondern könnte bald ein wichtiger Faktor der Lebensmittelproduktion sein.“ http://www.welt.de/wirtschaft/article136475654/Die-gruene-Revolution-oder-der-naechste-Oekoflop.html
„Zeit-online“ berichtet über eine Leserin, die auf ihrem Dach ein grünes Wohnzimmer eingerichtet hat. http://www.zeit.de/lebensart/2012-06/leserartikel-gartengeschichten-garten-auf-dem-dach
Auch der Spiegel durchleuchtet die Vision „Grün statt Grau“. „Urban Gardening oder Urban Farming nennt es sich, wenn Menschen auf Dächern, Brachen oder Grünstreifen Möhren ziehen und Blumen züchten. Anfangs als spleenige Großstadt-Ökos belächelt hat sich die Bewegung emanzipiert.“ http://www.spiegel.de/wirtschaft/urban-gardening-die-versorgung-der-staedte-neu-organisieren-a-970305.html
Doch nicht nur die Bewohner selbst machen mobil. Auch Städte wie die deutsche Metropole Hamburg. Bis 2019 stellt Hamburg für ihr neues Förderprogramm „Gründachförderung“ insgesamt 3 Millionen Euro zur Verfügung. Der Stadt-Zuschuss für die Nachrüstung von Dächern oder den Einbau von begrünten Dächern auf neuen Wohn- und Gewerbebauten kann bei der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) beantragt werden. Private und Unternehmen können von den Zuschüssen profitieren. http://www.ifbhh.de/gruendachfoerderung/
Unbedingt vom Fachmann bauen lassen
Die Mühe lohnt sich allemal. Wer die Pflanzen einmal auf dem Dach hat, wird begeistert sein. Wer sein eigenes Dach begrünen will, sollte allerdings unbedingt einen Fachmann zu Rate ziehen. Wichtig dabei: Sie entscheiden weiter über ihr Gründach und Ihr Budget.
Im ersten Schritt gilt es, die Statik und Tragfähigkeit zu prüfen. Nicht nur die nötige Substratschicht inklusive Pflanzen, auch die Wasserspeicherung und die Schneelast im Winter müssen berücksichtigt werden.
Der richtige Aufbau von Dach, Abdichtung, Dämmung und Erdschichten sind das A und O eines erfolgreichen Gründach-Projektes. Nur so kann sichergestellt werden, dass Wasser und Wurzeln da bleiben, wo sie das Dach nicht schädigen. Je nach Begrünung sind verschiedene Konstruktionen zur Be- und Entwässerung erforderlich. Ein Durchwurzelungsschutz, Sickerschichten, Filterschichten oder Dränelemente sorgen dafür, dass aus dem Dachgarten kein Dach-Pool wird. Zum anderen sind nicht alle Pflanzen fürs Dach geeignet. Nur mit Auswahl der richtigen kann das Gründach-Biotop wachsen und gedeihen.
Umkehrdach punktet bei Einbau und Lebensdauer
Für den Aufbau kann das so genannte Umkehrdach zum Einsatz kommen. Die Bezeichnung Umkehrdach hört sich komplizierter an, als es ist. Die etwas andere Dachkonstruktion bietet sowohl für den späteren Dachaufbau, der auch lange hält, und bereits in der Bauphase einige Vorteile.
Beim Umkehrdach liegt die Wärmedämmung über der Dachabdichtung und schützt sie somit. Die Abdichtung kann so z.B. auf einer Betondecke vollflächig und damit super sicher verklebt werden. Darüber kommen dann bestimmte XPS-Dämmstoffplatten zum Einsatz. Die müssen Wind und Wetter, Kälte und Wärme, Frost und Feuchtigkeit standhalten. Und das für Jahrzehnte. Das kann nicht jedes Dämmmaterial. Zudem ist die in Platten verlegte Dämmung bei den Bauarbeiten begehbar und kann auch dem Gewicht des Gründachs problemlos standhalten.
Die Dämmung schützt die wertvolle Dachabdichtung schon während der Bauphase und da auch bei ungünstigen Witterungsverhältnissen. Sind mehrere Handwerker am Dach beteiligt, können die Gewerke beim Umkehrdach klar getrennt werden. Das ist wichtig für ein mängelfreie Abnahme und die spätere Gewährleistung.
Auch „nachrüsten“ geht
Wer bereits ein Umkehrdach hat, kann die Dachbegrünung auch nachträglich „nachrüsten“. Vorausgesetzt Unterbau und Tragfähigkeit stimmen. Je nach Zusammensetzung entsprechen ca. acht Zentimeter Substrat einer ca. sechs Zentimeter dicken Kiesschicht.