Wanderer könnten in den Alpen mitten im Sommer auf eine zwar unscheinbare, aber umso kältere „Snow-Farm“ treffen
Wer auf seiner Tour einen erst einmal unscheinbaren, abgedeckten Hügel entdeckt, vermutet sicherlich nicht den Schnee vom letzten Winter darunter. Doch genau so ist es. Denn der wartet trotz sommerlicher Temperaturen auf seinen Einsatz in der kommenden Skisaison.
So geschehen zum Beispiel auf der Resterhöhe, einem 1.894 Meter hohen Berg in den Kitzbüheler Alpen. Im Frühling 2015 hatten die Kitzbüheler rund 24.000 Kubikmeter Schnee deponiert und sorgfältig bedeckt mit speziellen XPS-Dämmplatten in zehn Zentimeter Stärke. Darüber eine Silofolie. Im Oktober befanden sich immer noch rund 20.000 Kubikmeter Schnee in sehr guter Qualität darunter. Durch die hervorragende Dämmung wurden tatsächlich mehr als 83 % über den heißen Sommer gebracht. Das genügte, um eine vom Internationalen Skiverband für den FIS-Slalom der Herren am 14. November 2015 offiziell anerkannte und zugelassene Piste zu präparieren. Neben dem erfolgreichen Sportevent am frühen Saisonbeginn konnte durch diese Aktion Strom im Wert von 25.000 Euro sowie Wasser für die Erzeugung neuen Schnees mittels Schneekanonen eingespart werden.
Um künstlichen Schnee herzustellen, braucht es neben der Technik viel Energie – Wasser und Strom. Das Verhältnis zwischen benötigter Energie und erzeugtem Kunstschnee ist am besten, je tiefer die Temperaturen sind, also wenn es ordentlich kalt ist. Das ist in der Vorsaison allerdings nur selten der Fall. Daher gehen viele Skigebiete dazu über, Schnee energie- und kostensparend vorzuproduzieren und fürs nächste Jahr aufzuheben. Die inzwischen unter der neudeutschen Bezeichnung Snow-Farming verbreitete Errichtung von Schneedepots wird mittlerweile auch in deutschen, schneeunsicheren Skigebieten praktiziert.
Während in Finnland und der Schweiz bereits seit den 90er Jahren Sägespäne oder Vlies als Abdeckung dienen, griffen die Kitzbüheler auf XPS-Dämmplatten der in der Region beheimateten Tiroler Firma Austrotherm zurück. In dem Fall schützen die eigentlich zum Hausbau verwendeten Dämmplatten den kalten Schnee vor Sonneneinstrahlung, Wärme und insbesondere auch vor Regen. Darum war es so wichtig, das Schneedepot auch luftdicht zu verpacken.
Druckbeständig, verrottungsfest und wasserunempfindlich findet das Material normalerweise unter der Bodenplatte, im Erdreich oder – Sonne, Temperaturschwankungen und Witterung ausgesetzt – auf dem Hausdach Anwendung. Für den Einsatz im „alpinen“ Bereich wirken sich zudem das für den Transport günstige, leichte Gewicht, die unkomplizierte Verlegung und die mögliche Wiederverwendung der Platten aus. Auf der Resterhöhe werden die Platten nun eingelagert, um im jeweils kommenden Frühjahr wieder in Aktion zu treten.
Mehr zum Pilotprojekt: http://blog.kitzbuehel.com/schnee-von-gestern-unglaublich-aber-wahr