Eine kleine Weltsensation steht seit kurzem im beschaulichen Ötigheim bei Karlsruhe. Dort hat ein Einfamilienhaus das weltweit erste Zertifikat „Passivhaus Plus“ erhalten. Und es wird nicht das einzige bleiben.
Bisher wurden vom Passivhaus-Institut besonders energiesparende Häuser nach dem Passivhausstandard zertifiziert. Nun geht es einen Schritt weiter.
Grund dafür: Nach Vorgaben der europäischen Gebäuderichtlinie sollen alle neuen Gebäude ab Dezember 2020 dem Niedrigstenergiestandard entsprechen. Dieser ist noch einmal um einiges höher als der Passivhausstandard.
Mehr zur EU-Gebäuderichtlinie und zum Niedrigstenergiegebäude auf: http://www.haeuser-fuer-heute.de/eu-gebaeuderichtlinie
Vom Passivhaus zum Passivhaus Plus
Beim Passivhaus-Standard liegt das Augenmerk in erster Linie auf der Optimierung des Energieverbrauchs. Für Energieeffizienz sorgen vor allem eine sehr gute Wärmedämmung – von der Bodenplatte bis zum Dach – dreifach-verglaste Fenster, eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, eine luftdichte Gebäudehülle und eine weitgehend wärmebrückenfreie Konstruktion. All das trägt zur Verringerung der Energieverluste bei und minimiert so den Energieverbrauch im Haus. Solare Energiegewinne über Fensterflächen und die Wärmerückgewinnung über die Lüftung optimieren den Energieverbrauch für Wärme zusätzlich. Der Heizwärmebedarf eines Passivhauses liegt bei maximal 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr. Der Gesamtenergiebedarf darf höchstens 60 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr betragen.
Wenig Energie verbrauchen – zusätzlich Energie selbst erzeugen
Und genau hier, im Gesamtbedarf für Wärme und Strom, liegt der Unterschied zwischen dem klassischen Passivhaus und einem Passivhaus-Plus. Die Obergrenze für den Gesamtenergiebedarf liegt niedriger als beim Passivhaus, bei nur noch 45 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr.
Neben den Anforderungen an die hohe Energieeffizienz erzeugt ein Passivhaus-Plus seine Energie selbst – und zwar aus erneuerbaren Energiequellen. Mindestens 60 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr müssen so erzeugt werden. Die Quadratmeter beziehen sich dabei auf die überbaute Grundstücksfläche. „Wenn ein Grundstück dazu nicht geeignet ist, lassen sich auch Investitionen in externe Neuanlagen zur Erzeugung regenerativer Energie anrechnen“, erklärt das Passivhaus-Institut.
Das Passivhaus-Plus in Ötigheim erzeugt seine Energie über die 64 Quadratmeter große, nach Süden ausgerichtete Photovoltaik-Anlage auf dem Pultdach. Das Einfamilienhaus zeigt, dass die Anforderungen an ein Passivhaus Plus durchaus erreichbar sind und erfüllt die Kriterien deutlich:
- Der Heizwärmebedarf liegt bei nur 13 kWh/(m²a). <Kilowattstunden je Quadratmeter pro Jahr>
- Der Gesamtbedarf an erneuerbarer Primärenergie wurde auf 28 kWh/(m²EBFa) bestimmt. <Kilowattstunden je Quadratmeter Energiebezugsfläche [=Bruttogeschossfläche] pro Jahr>.
- Das Haus erzeugt 76 kWh/(m²Grund a) an erneuerbarer Primärenergie. <Kilowattstunden je Quadratmeter überbaute Grundstücksfläche pro Jahr>
Passivhaus Classic – Plus – Premium
Das Passivhaus Institut bietet damit nun Zertifizierungen zum „Passivhaus Classic“, zum „Passivhaus Plus“ und als weitere Stufe auch zum nochmals anspruchsvolleren „Passivhaus Premium“ und klopft damit an die Tür des EU-Niedrigstenergiehauses an. Grundlage der Berechnung ist in allen drei Fällen das sogenannte PER-Konzept. PER steht für Primary Energy Renewable, also Primärenergie aus Erneuerbaren Energien. Dieses Prinzip wird nun auch für die Zertifizierung von Passivhäusern eingeführt.
„Wozu Häuser zertifizieren?“ Was die Zertifizierung Bauherren und Planer bringt, erklärt das Passivhausinstitut: http://www.passipedia.de/zertifizierung
Überblick der Passivhaus-Anforderungen
- Passivhaus Classic: Heizwärmebedarf maximal 15 kWh (m²a); Gesamtenergiebedarf maximal 60 kWh (m²a)
- Passivhaus Plus: Gesamtenergiebedarf maximal 45 kWh (m²a), mindestens 60 kWh (m²a) selbst erzeugte erneuerbare Energie
- Passivhaus Premium: Gesamtenergiebedarf maximal 30 kWh (m²a); mindestens 120 kWh (m²a) selbst erzeugte erneuerbare Energie
weitere Infos unter: www.passivhaus-institut.de