NACHHALTIGKEIT VON DÄMMSTOFFEN

In unserem Gastbeitrag nimmt K. Paschko die Rolle von Dämmstoffen für ein nachhaltiges, ökologisches und umweltbewusstes Bauen unter die Lupe. Dazu hat sie sich nicht nur das von Energie Kompakt veröffentlichte Whitepaper „Ökologische Dämmung“ genauer angeschaut.

Beim Nachaltigen Bauen sind nicht nur die Baustoffe ansich relvant Foto: pixabay.com Michael Gaida

Beim Nachaltigen Bauen sind nicht nur die Baustoffe an sich relevant
Foto: pixabay.com Michael Gaida

Weit verbreitet hat sich die Idee vom ökologischen Bauen. Der Begriff ist jedoch irreführend, da Bauen immer einen Eingriff in die Natur bzw. Umwelt darstellt und somit nicht uneingeschränkt ökologisch sein kann. Auch die Wahl der Baustoffe ändert daran zunächst einmal nichts. Es ist aber natürlich möglich, die Folgen für die Umwelt zu minimieren. Dies sollte dann aber nicht durch den Begriff ökologisch beschrieben werden, sondern Bestandteil des nachhaltigen Bauens bilden, bei dem, neben der Umwelt, auch wirtschaftliche und soziale Faktoren relevant sind. Auch Dämmstoffe sind nicht ökologisch, sondern leisten einen Beitrag zu einer nachhaltigen Bauweise. Und dies ist möglich, unabhängig von den verwendeten Rohstoffen und der Verarbeitung.

Im Zuge der öffentlichen Debatte über Klimaschutz und Erderwärmung wird, zu Recht, auch über den Baubereich gesprochen.

Ein wichtiger Faktor ist die Energieeffizienz, die durch den Dämmstandard und die technische Gebäudeausstattung bestimmt wird. Folglich bewirken alle Wärmedämmstoffe bei fachgerechter Planung und Durchführung eine Verbesserung des energetischen Standards und tragen somit maßgeblich zur Einsparung von Energie und fossilen Rohstoffen bei. Obgleich somit die gesamte Materialgruppe einen Beitrag zum Klimaschutz leistet, fordern Planer, Politiker und regierungsnahe Organisationen eine Klassifizierung der Dämmstoffe im Hinblick auf ihre ökologischen Eigenschaften.

Über das Internet und durch Fachmagazine werden entsprechende Darlegungen unkommentiert verbreitet. Als ein Beispiel wurde im Jahr 2018 durch Energie Kompakt ein Whitepaper und fünf Fachartikel zum Thema ökologische Dämmung veröffentlicht. Diese sind exemplarisch für eine Vielzahl weiterer Veröffentlichungen. Unter anderem beinhaltet das Whitepaper einen Übersichtsartikel, in dem einige Produkte als ökologisch (u.a. Flachs, Hanf, Holzfaser, Schafswolle, Blähton, Perlite, Calciumsilikat) bezeichnet werden, ohne eine Definition des Begriffes vorzunehmen. Als Kriterien für diese Einstufung wird unter anderem ein „geringer Energiebedarf bei der Herstellung“ genannt. Vergleicht man diesen von den dargestellten „ökologischen“ Dämmstoffen mit konventionellen Schaum- und Mineralfaserprodukten, gibt es einige Produkte, die deutlich mehr Energie bei der Herstellung benötigen, als die konventionellen Materialien (Abbildung 1).

Nachhaltigkeit Daemmstoffe Abb1

Abbildung 1: Primärenergieeinsatz bezogen auf den Materialverbrauch [kWh/m²], der erforderlich ist, um einen R-Wert von 4.2 m²K/W zu erreichen; grün: häufig als ökologisch klassifizierte Dämmstoffe, rot: konventionelle Schaum- und Mineralfaserdämmstoffe

 

Ökologisch dämmen oder konventionell?

Vergleichbares gilt für die weiteren Kriterien, die in dem Artikel erwähnt werden (umweltschonender An- und Abbau, kurze Transportwege, Wiederverwertbarkeit, Vermeidung von Sondermüll). Der Rohstoff für Holzweichfaserplatten wird häufig aus Osteuropa importiert, Perlite wird in Südeuropa oder Südamerika abgebaut. Auch Quarzsand, Rohstoff für Glaswolle, ist als begrenzte Ressource umstritten. Einzelne Hersteller haben jedoch bereits auf dieses Problem reagiert und setzen Altglas bei der Produktion ein. Schaumdämmstoffe basieren auf dem fossilen Rohstoff Erdöl. Transportaufwand und Rohstoffeinsatz sind jedoch gering (XPS besteht zu 98% aus Luft). Synthetische Zusatzstoffe werden zudem häufig auch bei Plattendämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt, wodurch eine Kompostierung oder stoffliche Wiederverwertung der Dämmstoffe ausgeschlossen wird, während bei Schaumdämmstoffen eine stoffliche Verwertung bereits technisch möglich ist. Als weitere Gründe für eine ökologische Dämmung werden in den Fachartikeln des Whitepapers gesundheitliche Aspekte und Schadstoffe wie beispielsweise Asbest, Lindan und Dichlordiphenyltrichlorethan aufgeführt. In welchem Zusammenhang diese Schadstoffe mit den Dämmstoffen stehen, wird nicht genannt. In keinem zugelassenen Dämmstoff sind diese Substanzen enthalten.

Kein Dämmstoff kommt ohne Transport, Energie für die Verarbeitung und Rohstoffe aus.

Die angeführten Aspekte (Schadstoffe, Abbau von Ressourcen, Nutzung nicht-erneuerbarer Energien bei der Herstellung, Entsorgung) sind natürlich relevant im Hinblick auf die Minimierung von Folgen durch Baumaßnahmen für die Umwelt. Außer Acht gelassen wird jedoch, dass kein Dämmstoff ohne Transport, Energie für die Verarbeitung und Rohstoffe auskommt. Daneben sind Baumaßnahmen ein mehr oder minder starker Eingriff in die Natur, wodurch auch Dämmstoffe nie uneingeschränkt ökologisch sein können. Insbesondere der Neubau bedeutet durch die Versiegelung von Bodenfläche einen enormen Eingriff in die Umwelt, der durch eine Dachbegrünung gemindert werden kann. Dachbegrünungen implizieren wiederum eine Umkehrdachdämmung mit XPS, wodurch dieser Schaumdämmstoff, trotz mäßiger Werte im Hinblick auf den Primärenergieeinsatz, auf anderer Ebene durch seine einzigartige Einsetzbarkeit die Folgen der Baumaßnahme für die Umwelt minimiert und Klimafolgenanpassungsmaßnahmen unterstützt.

Abbildung 2: Materialkosten bezogen auf den Materialverbrauch [€/m²], der erforderlich ist, um einen R-Wert von 4.2 m²K/W zu erreichen; grün: häufig als ökologisch klassifizierte Dämmstoffe, rot: konventionelle Schaum- und Mineralfaserdämmstoffe

Abbildung 2: Materialkosten bezogen auf den Materialverbrauch [€/m²], der erforderlich ist, um einen R-Wert von 4.2 m²K/W zu erreichen; grün: häufig als ökologisch klassifizierte Dämmstoffe, rot: konventionelle Schaum- und Mineralfaserdämmstoffe

Wärmedämmung ist nachhaltig !

Gesprochen werden sollte deswegen über die komplexen Wirkungen von Dämmmaßnahmen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Bei diesem Begriff werden umweltrelevante, soziale und wirtschaftliche Kriterien herangezogen. Die besten ökologischen Konzepte taugen nicht, wenn diese nicht flächendeckend umsetzbar und für die Masse der Hausbesitzer erschwinglich sind. Ökologie für Besserverdiener, oder staatlich geförderte „Vorzeigeprojekte“ können also nicht nachhaltig sein.

Baumaßnahmen werden i.d.R. nach ihrer Wirschaftlichkeit entschieden

Diesbezüglich liefert das Whitepaper ein Paradebeispiel. Einer der aufgeführten Artikel beschäftigt sich mit der Sanierung eines Klosters, welche großzügig von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gefördert wurde. Vermutlich sind die dargestellten Maßnahmen geeignet für die Erhaltung der Bausubstanz des Klosters und eine Verbesserung des energetischen Standards, jedoch völlig irrelevant für normale Hausbesitzer bzw. Wohnungsbaugesellschaften mit begrenzter Liquidität, die auch die Wirtschaftlichkeit von Baumaßnahmen berücksichtigen müssen. Diese Aspekte sind für eine Mehrheit der Bevölkerung ausschlaggebend, wenn über Baumaßnahmen und die Wahl der Materialien entschieden wird. Dadurch rücken insbesondere die sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeitskriterien in den Fokus. Diese umfassen kurzfristige Investitionskosten, langfristige Einsparungen von Heizenergie und eine Verlängerung der Lebensdauer des Gebäudes bzw. einzelner Bauteile. Durch nachträgliche Wärmedämmungen kann die Nutzungsdauer von Gebäuden um 50 oder mehr Jahre verlängert werden. Dies bedeutet Einsparungen an rund 200-400 Tonnen Material und entsprechend 120.000-150.000 kWh Herstellungsprimärenergieaufwand.

Da Dämmmaßnahmen meist großflächig durchgeführt werden, wirken sich unterschiedliche Materialkosten deutlich auf das Investitionsvolumen aus. Diesbezüglich gibt es bei den im Whitepaper beschriebenen „ökologischen“ Dämmstoffen nur wenige Produkte, die mit den konventionellen Mineralwolle- und Schaumdämmstoffen konkurrieren können (Abbildung 2).

Ökologisch, nachhaltig oder doch umweltfreundlich?

Neben den sozialen und wirtschaftlichen Aspekten umfasst der Begriff Nachhaltigkeit natürlich auch die Wirkungen auf die Umwelt und somit prinzipiell den Aspekt, der gerne als Ökologie bezeichnet wird. Der Begriff Nachhaltigkeit berücksichtigt jedoch die gesamte Lebensdauer von Produkten, sodass nicht nur das Material (Herkunft der Rohstoffe, Primärenergieinhalt, Entsorgung), sondern die Folgen bzw. Wirkungen einer Maßnahme in die Berechnungen eingehen.

Eine Gegenüberstellung von Primärenergieeinsatz und eingesparter Energie durch die Dämmmaßnahme zeigt bei den meisten Dämmstoffen eine Amortisationszeit von 1-15 Monaten, wobei kein deutlicher Unterschied zwischen den sogenannten „ökologischen“ und konventionellen Dämmstoffen vorliegt (Abbildung 3). Ab diesem Moment trägt die Wärmedämmung zur Einsparung von Energie und somit fossilen Rohstoffen bei. Auch im Hinblick auf die CO2-Einsparungen hat eine Wärmedämmung ein extrem hohes Potential. Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind diesbezüglich etwas positiver zu bewerten durch die Bindung von CO2 (Abbildung 4). Die Unterschiede sind jedoch nicht besonders groß.

Nachhaltigkeit Daemmstoffe Abb3Abbildung 3: Energetische Amortisationszeit in Monaten bezogen auf den Materialverbrauch, der erforderlich ist, um einen R-Wert von 4.2 m²K/W zu erreichen; grün: häufig als ökologisch klassifizierte Dämmstoffe, rot: konventionelle Schaum- und Mineralfaserdämmstoffe

Nachhaltigkeit Daemmstoffe Abb4Abbildung 4: akkumulierte CO2-Einsparungen über 30 Jahre bezogen auf den Materialverbrauch [kg/m²], der erforderlich ist, um einen R-Wert von 4.2 m²K/W zu erreichen; grün: häufig als ökologisch klassifizierte Dämmstoffe, rot: konventionelle Schaum- und Mineralfaserdämmstoffe

Durch die Debatte über Klimaschutz und Umweltbewusstsein rücken umweltrelevante Aspekte auch bei Baustoffen in den Vordergrund. Dämmstoffe sind jedoch wichtiger Bestandteil des umweltfreundlichen und nachhaltigen Bauens und unterstützen eine Minimierung der Folgen des menschlichen Handelns für die Umwelt. Die Wirkungen von Dämmmaßnahmen sind unabhängig von der Wahl des Rohstoffes und übertreffen in jedem Fall den Einsatz an Ressourcen und Energie deutlich.

4 Kommentare zu “NACHHALTIGKEIT VON DÄMMSTOFFEN

  1. Nachhaltige Dämmung trifft bei mir auf großes interesse. leider ist das wesentliche in dem Artikel m. E. nicht zusammmengefasst, also z. B. notwendige Dämmstärke und Dämmkosten pro qm. Wenn der Mensch mitgenommen werden soll, dann geht das viel einfacher, wenn die Umsetzung und wirtschaftlichkeit an Beispielen der favorisierten Nachhaltigkeitsdämmung in relation zu normalen Dämmstoff wie Steinwolle gesetzt wird.

  2. Nachwachsende Dämmstoffe (Zellulose, Holzfaser) sind durchwegs die natürlichsten und auch nachhaltigsten Möglichkeiten ein Gebäude zu dämmen. Aber auch die Amortisationszeit ist bei diesen geringer als bei den künstlich Hergestellten. Zudem verursachen sie bei der Herstellung gerade mal einen Prozentsatz an Herstellkosten gegenüber den geschäumten Varianten.

    • Das stimmt und wir unterstützen nachhaltige Materialien sehr. Allerdings sind sie nicht für alle Einsatzbereiche geeignet. Jeder muss für sich entscheiden, ob er organische Materialien aus nicht nachwachsenden zum Bsp. in der Bodenplatte einsetzt und so erhebliches CO2 in laufe des Hauslebens einspart oder darauf verzichtet und nur auf Naturmaterialien baut – dafür aber eine schlechtere CO2 Bilanz in Kauf nimmt. Die Debatte zwischen Klima- und/oder Umweltschutz ist so alt wie das Thema selbst.
      Alternativ kann in dem Bereich Glasschaum verwendet werden. Aber das ist im Wohnungsbau recht kostspielig.

  3. Der Beitrag ist leider sehr einseitig alle (der Artikel nennt glaube ich nur einen) Vorteile „ökologischer“ Baumaterialien werden mit Zusätzen wie „etwas“ herabgewürdigt und viele Vorteile garnicht benannt: Langlebigkeit (Dämmstoffe aus Nachwachsenden Rohstoffen können mehrere 100 Jahre genutzt werden), einige sind einfach zu kompostieren, ausserdem ist ökologisches Bauen eine ganze Philosophie, die die Gesamtheit der Baustoffe, der Haustechnik, Schadstoffbelastung usw. mit einbezieht.
    Auch das Argument mit dem Preis ist nicht schlüssig, denn bei Konventionellen Baustoffen zahlt man häufig 2 mal, beim Einkauf und der Entsorgung und hat eine geringere Lebensdauer. Darüberhinaus sind die ökologischen Baustoffe noch eine Niesche, daher ist der höhere Preis nur eine Frage der Ausbreitung im Markt.
    Völlig abwegig kling für mich „ökologisch“ durch den schwammigen Begriff „nachhaltig“ ersetzen!

Schreibe einen Kommentar zu Michael Schmidt Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert